
Literatur im Nebel
Niemals in den vergangenen Jahren war der berühmte Nebel des Waldviertels zur Stelle. Aber dafür hochkarätige Literatur. Das Festival ist längst eine Traditionsveranstaltung in Heidenreichstein geworden. Und wer einen Galerie-REINBERG-Besuch in Eggern plant, ist damit nur 5 km von der „Literatur im Nebel“ entfernt. Und umgekehrt.
„Wir sind in eine Gesellschaft der haltlosen Meinungen gerutscht“ sagt der ungarische Autor Péter Nádas. Wissen sei daher aus der Mode gekommen. Nádas ist der Ehrengast der 16. Ausgabe des Festivals der Literatur im Waldviertel, in der Heidenreichsteiner Margithalle.
Péter Nádas wurde am 14. Oktober 1942 in Budapest geboren. Er überlebte den Holocaust mit seinen Eltern in Verstecken und mit falschen Papieren. Für den jungen Péter Nádas war seine jüdische Herkunft trotzdem kein Thema. Seine Eltern waren erst überzeugte und später enttäuschte Kommunisten. Drei Jahre nach dem frühen Tod von Nádas´ Mutter nahm sich sein Vater das Leben, Péter Nádas war damals 13.
Nádas arbeitete in den 1960er Jahren bei einigen Zeitungen, bevor er freischaffender Schriftsteller wurde. Sein Durchbruch, vor allem im deutschen Sprachraum, erfolgte erst spät, mit dem 1.300 Seiten-Monumentalwerk „Buch der Erinnerung“, das 1991 auf Deutsch erschien. Nádas verbindet darin drei Zeitebenen – 1900, 1950 und 1970 – und drei geografische Räume – Ungarn, das Ostsee-Bad Heiligendamm und Ost-Berlin – und die Liebesbeziehungen von drei Protagonisten, angereichert mit dichten atmosphärischen Details und Dialogen.
Die Initiatoren des 2006 gegründeten Festivals sind Rudolf Scholten, ehemaliger österreichischer Kulturminister und bis 2016 Generaldirektor der Oesterreichischen Kontrollbank, der Schriftsteller Robert Schindel sowie Johann Pichler, Bürgermeister von Heidenreichstein von 1991 bis 2009.
Jährlich erfolgt eine Einladung an eine Autorin bzw. einen Autor von internationalem Rang. Bisher waren Salman Rushdie (2006), Amos Oz (2007), Jorge Semprún (2008), Margaret Atwood (2009), Hans Magnus Enzensberger (2010), Nuruddin Farah (2011), Ljudmila Ulitzkaja (2012), Louis Begley (2013), Ian McEwan (2014), Christoph Hein (2015), Swetlana Alexijewitsch (2017), Herta Müller (2018), J.M. Coetzee (2019), Liao Yiwu (2021) und Vladimir Sorokin (2022) die Ehrengäste des Festivals.