SHATTERED
„Kitsch entwickelt sich aus überkommenen Kunstformen und Inhalten. Indem er diese flaue Erstarrung im wörtlichen Sinn zerschlägt und neu kombiniert, leistet Miesgang ein Bravourstück und führt das Ausgangsmaterial seiner Arbeiten aus dem Alltag wieder zurück in die Kunst.“
– Berthold Ecker, Kurator für zeitgenössische Kunst, Wien Museum
„Ernst Miesgang ist ein Bildforscher. In seinem künstlerischen Arbeitsprozess, der sich oft an naturwissenschaftlichen Methoden orientiert, geht es ihm nicht um die objektive Darstellung der Realität, um die Abbildung derselben, sondern um ihr bewusstes Verfehlen. Der Künstler inkludiert dabei Übertragungsfehler und öffnet mit ungewohnten Perspektiven auf Vertrautes und Wohlbekanntes neue Denk- und Wahrnehmungsräume und schärft den Blick auf den uns umgebenden Alltag.“
– Gudrun Ratzinger , freie Kuratorin für zeitgenössische Kunst und
Die Keramikplastiken von Ernst Miesgang wirken auf den ersten Blick wie medizinische Modelle – also
Objekte, die das „Reale“ oder „Objektive“ des Körpers darstellen sollen. Sie suggerieren eine wissenschaftliche Wahrheit – ein Ordnungsprinzip, das den Körper und damit auch den Menschen erklärbar macht. Doch bei näherem Hinsehen zerfällt diese Illusion. Die Werke sind keine Abbilder der Realität, sondern Phantasiegebilde, zusammengesetzt aus zufällig gebrochenen Keramikscherben. Was aussieht wie „Wissen“, ist Täuschung. Die Grenze zwischen Erkennen und Erfinden, zwischen Natur und Kultur, zwischen Realität und Darstellung wird verwischt.
Miesgangs Modelle zeigen auf, dass das, was wir für „Wirklichkeit“ halten, vielleicht nur eine plausibel zusammengesetzte Illusion aus Fragmenten ist.
Die Frage ist nun, ob man sich dieser „Wirklichkeit“ annähern kann, indem man immer mehr Fragmente hinzufügt: Führt die Akkumulation von Bruchstücken, Formen, Deutungen irgendwann zu einem Punkt, an dem das Modell kippt und nicht mehr nur Konstruktion ist, sondern Realität wird?
Auf der Suche nach Erkenntnis versuchen wir – durch Sammlung, durch Kontextualisierung, durch Rekonstruktion – irgendwann jenes eine Teil zu finden, das fehlt: das letzte Fragment, das nicht mehr verweist, sondern ist.
Doch genau hier liegt der metaphysische Bruch, denn jedes hinzugefügte Teil verschiebt das Ganze, verändert den Zusammenhang, erzeugt neue Leerräume, neue Anschlussstellen.
Wirklichkeit bleibt asymptotisch. Wir nähern uns ihr vielleicht – aber sie bleibt stets einen Schritt entfernt, hinter dem nächsten Fragment.
Franz Thalmair, Kurator für zeitgenössische Kunst, MUMOK Wien
*1980, Linz, Austria
– Studies of art and photography at the Academy of Fine Arts Vienna
– Studies of communication science at the University Salzburg
Lives and works in Vienna, Austria.
AWARDS
OTTAKRINGER KUNSTPREIS 2024 – Anerkennungspreis
Collage Wettbewerbs 2020 des WILLI MÜNZENBERG FORUMS Berlin – 2. Platz
ART GRANTS
STATEMENT#10 2020 – Kunstraum Lakeside, Klagenfurt
THE ARTISTS ARE PRESENT 2020 – Brunnenpassage, Vienna
ARTSTART_STUDIO 2019 – Akademie der bildenden Künste Wien
NOMINATIONS
ARTIG KUNSTPREIS 2020
STARTPOINT 2018 – PRIZE FOR EUROPEAN ART GRADUATES
Ö1 TALENTESTIPENDIUM 2018
KUNSTPREIS PARZ 2015

Ernst Miesgang
Ernst Miesgang, geb. 1980 in Linz, Austria, studierte Kunst und Fotografie an der Kunstakademie Wien und Kommunikationswissenschaften an der Universität Salzburg.
Neben fotografischen Kunstwerken entstehen in seinem Atelier zunehmend skulpturale Arbeiten wie der vielbeachtete Zyklus „Shattered“ der nun erstmals in der Galerie REINBERG im Waldviertel gezeigt wird.